Unverpackt war gestern

Wer bei der Bezeichnung „unverpackt“ an einen neuen Verkaufstrend bei Supermärkten denkt, liegt im konkreten Fall falsch. Denn die Rede ist von Uttums Kirchturm. Sieben Arbeitstage vom frühen Morgen bis zum späten Abend hat es gedauert, bis er von unten bis oben von einem Baugerüst umgeben war. Als „Sahnehäuchen“ wurde das Gerüst mit Kunststoffbahnen ummantelt.
Das ganze Werk ist keine Hommage an die Verhüllungsprojekte des Künstlerpaares Christo und Jeanne Claude, sondern dient im Rahmen der Sanierung des Kirchturms der Arbeitssicherheit sowie dem Schutz von Friedhofsbesucher*innen. Mauersteine müssen ausgewechselt werden, Fugen werden ausgekratzt und erneuert: Da wird mancher Schutt zu Boden fallen. Also war mit gutem Grund unverpackt gestern.
Gerne darf man den Bogen noch weiter spannen. Zuletzt umfassend saniert wurde der Kirchturm in der ersten Hälfte der 1930er Jahre, nachdem zuvor große Teile seiner Westmauer eingestürzt waren. Wie Schwarzweißaufnahmen belegen, waren Baugerüste in jener Zeit noch aus anderem Holz als heute - und das im wahrsten Wortsinn und ohne jede Verhüllung. Und wie sich die Generation 60+ erinnern wird, sind unverpackte Lebensmittel und weitere Waren auch beim einstigen Tante - Emma - Laden die Regel gewesen.
Schaut man in die Zukunft, so wird der Uttumer Kirchturm in einigen Monaten wieder enthüllt werden. Der übrige Verpackungsmüll dürfte hingegen nicht so schnell aus der Welt sein.
22. Mai 2023 Hartmut Schaudinn
"Dona nobis pacem": Auftakt des Orgelfrühlings 2023 in Uttum

„Sie war müde geworden“ erinnert sich Léon Berben. Die Rede ist von der Uttumer Denkmal- Orgel, wie er sie bei seinem Konzert an diesem Instrument im Mai 2019 vorfand. „Sie war Immer noch exzellent im Klang, und es war immer noch eine Freude, sie zu spielen und zu Gehör zu bringen“. Aber eben: frisch war sie nicht mehr, denn seit ihrer Restaurierung durch Jürgen Ahrend und Gerhard Brunzema 1956/57 war viel Zeit verstrichen.
Und heute, an diesem Dienstagabend, dem 9. Mai 2023, beim Eröffnungskonzert des 20. Krummhörner Orgelfrühlings? Da ist sie wieder ganz die Alte und doch wie neu. Klar und brillant schwingen ihre Töne durch das alte Kirchenschiff. Zu verdanken ist es der meisterhaften Restaurierung des Instruments durch Orgelbauer Hendrik Ahrend und sein Teams in den Jahren 2020/21.
„For these distracted times“ hat Léon Berben sein Konzertprogramm überschrieben. „Für diese beunruhigenden und verwirrenden Zeiten“. Nicht zufällig korreliert dieser Titel zum Motto des Orgelfrühlings, das wiederum nicht zufällig gewählt ist: „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden). Der Krieg in der Ukraine und nicht nur dort war es, der dieses Motto auswählen ließ, erläutert Pastor Siek Postma als Leiter des Orgelfrühlings den Gästen des Eröffnungskonzertes. Gefährdet ist der Friede auf Erden zu jeder Zeit und ist keine Selbstverständlichkeit. Dazu gäbe es die bekannten weiteren offenen Fragen und Sorgen zum Leben der Menschheit und zur Zukunft des ganzen Planeten. All das quäle viele menschliche Gemüter.
Für den Synodalverband Nördliches Ostfriesland als Veranstalter des Orgelfrühlings nahm Präses Frank Wessels diesen Faden auf. Er wünsche, dass der Friede, den Gott seinen Menschen zusagt, beflügelt durch den Orgelklang Einzug in die Herzen der Anwesenden halte. Damit allein werde noch kein Krieg beendet und keine Gewalttat verhindert. Aber ohne den Frieden im Herzen wird auch kein Friede in der Welt.
Solchermaßen eingestimmt folgt eine Sternstunde des Orgelklangs. Virtuos gleiten die Finger Léon Berbens über die Tasten und gekonnt werden die Register eingesetzt. Eintauchen dürfen die Besucherinnen und Besucher in all die Klangfarben und die Klangfülle der verhältnismäßig kleinen Uttumer Orgel, dürfen sich verleiten lassen, dem Frieden Raum zu geben in ihren Herzen und ihn nach Ende des Konzerts mitzunehmen für sich und ihn weiter zu sagen und zu tragen hin zu ihren Mitmenschen.
Kein Applaus unterbricht das Konzert, erst ganz am Schluss brandet er auf und dann noch einmal nach einer wohldosierten Zugabe. Dankesworte werden von Siek Postma ausgesprochen, dem Künstler des Abends zuerst wie in der Folge auch der gastgebenden Uttumer Kirchengemeinde, denn zum Ohrenschmaus hinzu kommt dank der mit Blüten und Blumen geschmückten Kirche der Augenschmaus. Und ein weiterer Schmaus folgt: Traditionell sind die Gäste des Abends eingeladen zum Bleiben und Verweilen bei einem im Gemeindehaus offerierten Imbiss. Viele machen Gebrauch davon.
Text und Foto: 10. Mai 2023 Hartmut Schaudinn
Kirchturmsanierung wird sichtbar

Innen wie außen sind umfangreiche Maßnahmen zum Erhalt des Uttumer Kirchturms erforderlich. Denn seine letzte umfangreiche Sanierung ist vor rund 90Jahren erfolgt. Im Jahr 1931 war ein Großteil der Westmauer herausgebrochen und der gesamte Turm war einsturzgefährdet. Das soll sich nicht wiederholen.
Mitte März 2023 begannen die Arbeiten im Inneren des Turms. Einen sichtbaren Eindruck davon konnte nur gewinnen, wer sich - vornehmlich durch das Kirchenschiff hindurch - seinen Weg in den Turm suchte und die Bodeneinzugstreppe in den ersten Zwischenboden des Turms hinaufstieg. Doch wer macht das schon und wer hat die Gelegenheit dazu? Und so viel zu sehen gab es auch nicht. Fugen wurden ausgekratzt. Eine mühsame Arbeit!
Das hat sich seit dem 8. Mai 2023 geändert. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend sind Gerüstbauer am Werk. Meter für Meter geht es um den Turm herum wie genauso in die Höhe. Die Gerüstbauer arbeiten mit anderen Materialien als noch vor 90 Jahren. Schweißtreibend ist ihre Tätigkeit gleichwohl, zumal an diesem schönen Maitag die Temperaturen erstmals in diesem Jahr die 20 Grad Marke knacken.
"Wenn nicht jetzt, wann dann?"

So sprach es Pastorin Barbara Wündisch - Konz aus Anlass ihrer Bewerbungspredigt in Visquard am Sonntag, dem 16. April 2023 aus. Und so tat sie es: Sie legte ihr Predigtkonzept beiseite und predigte frei. „So sind Sie es ja wohl von Heike Schmid gewohnt“,richtete sie sich an die zum Gottesdienst versammelte Gemeinde.
Bereits zum Juni vergangenen Jahres war Pastorin Heike Schmid in den Ruhestand eingetreten. Seither warten die Kirchengemeinden Visquard und Groothusen auf die Wiederbesetzung ihrer Pfarrstelle. Und noch länger wartet man im benachbarten Uttum. Die dortige Pfarrstelle ist seit Herbst 2019 vakant. Und nicht nur Uttum zählt ab sofort zum Aufgabenfeld jener Pfarrstelle, auf die sich Barbara Wündisch - Konz bewirbt. Auch Manslagt wird hinzutreten, sobald die dortige Pfarrstelleninhaberin in den Ruhestand eintritt.
„Zu viert auf einem gemeinsamen Weg“: So stellt sich Wündisch - Konz die Zukunft der Gemeinden vor. Es wird nicht alles bleiben können wie es ist bzw. wie es war. Es muss in neuen Strukturen neu gedacht, neu geplant und neu gearbeitet werden. „Herzenssache sei ihr das“, führt die Predigerin aus, und Herzenssache solle und müsse es auch den Menschen in den vier Gemeinden sein, die sich nun auf einen gemeinsamen Weg begeben. Anders könne es nicht gelingen. Zuversicht verleihen die Worte des Predigttextes (5. Buch Mose 30, 11-14). Denn dieser gemeinsame Weg wird eröffnet durch das Wort des Herrn, durch seine Gebote und seine Weisung. Und dieses Wort, das ist nichts, was kein Mensch verstehen oder begreifen könnte. Sondern , es ist „ganz nahe bei dir, in deinem Munde, in deinem Herzen, dass du es tust.“
Gelegenheit, sich über das Wie und Wohin des gemeinsamen Weges auszutauschen gab es für die zahlreichen Besucher*innen des Gottesdientses beim „Koffje noat Kark“.
Gespannt darf man sein auf das Ergebnis der Pfarrwahl am 7. Mai 2023, die in den Kirchengemeinden Visquard und Groothusen durchgeführt wird. Läuft alles nach Wunsch, so wird der Einführungsgottesdienst von Pastorin Barbara Wündisch - Konz am 18. Juni 2023 in der Uttumer Kirche stattfinden.
22.04.2023 Hartmut Schaudinn
Abstimmen: Neuanstrich Kirchenraum
Nicht allein der Kirchturm, sondern auch das Kirchenschiff der Uttumer Kirche leidet unter den Witterungseinflüssen. Ein Neuanstrich ist geplant. Die Kosten der Maßnahme werden auf ungefähr 12.000 Euro geschätzt.
Zur Finanzierung beteiligt sich die Kirchengemeinde an einem Publikumswettbewerb des evangelischen Magazins "chrismon". Kirchengemeinden stellen online ihre Projekte aus den Bereichen „Besonderer Gottesdienst“, „Diakonie“, „Jugend“, „Musik“, „Öffentlichkeitsarbeit & Fundraising“ sowie „Kirchenrenovierung“.vor. Publikumspreis heißt, dass jede und jeder an der Abstimmung teilnehmen darf. Insgesamt werden 20.000 Euro ausgeschüttet.
Die Stimmabgabe ist bis zum 21. März 2023 um 12.00 Uhr möglich. Zur online - Stimmabgabe geht es hier.
Turmsanierung beginnt im Frühjahr 2023
Fast 500 Jahre reckt sich der Turm der Uttumer Kirche dem Himmel entgegen. Läuft man darum herum und lässt den Blick hin und her und auf und ab schweifen, so macht er für sein Alter einen passablen Eindruck. Solange hat er Wind und Wetter getrotzt: Warum soll er nicht noch einmal 500 Jahre überdauern?
Doch der Eindruck täuscht. Unübersehbar ist seit jeher die Neigung des Turms zum Kirchendach hin. Große Maueranker und mit Beton verschmierte Risse im Gemäuer zeugen davon, dass „Bewegung“ im Turm war und immer noch ist. 1931 ist ein großer Teil der Westmauer herausgebrochen, wenn man so will: auf Ansage. Ob Kirchengemeinde, Ev.-ref, Landeskirche oder Denkmalschutz: allerorten war seinerzeit und nicht erst seit gestern bekannt, dass der Turm akut gefährdet war. Ebenso fehlte es allerorten an Geld, die erforderlichen Massnahmen zum Schutz des Turms in Angriff zu nehmen. Die Kirchengemeinde wurde darauf verwiesen, es läge an ihr, tätig zu werden. Doch sie konnte es mangels finanzieller Mittel am Wenigsten. Und eines Tages war es zu spät
Das sollte sich nicht wiederholen. So veranlasste der Uttumer Kirchenrat im Jahr 2015 vorsorglich die Erstellung eines Gutachtens zum Zustand des Kirchturms. Beauftragt wurde der Architekt Ejnar Tonndorf (Oldenburg). Seinem geübten Auge und Sachverstand fielen so viele Mängel und Schäden auf, dass er in seinem Bericht vom Januar 2016 formuliert: „Heute zeigt der Kirchturm Uttum vor allem an den Außenfassaden wieder größere Schäden und Risse. Da der Turm 1930 (richtig ist 1931, doch viele Quellen enthalten das falsche Datum) fast komplett eingestürzt wäre, sollten die neu aufgetretenen sichtbaren Schäden am Turm ein ernstes Warnsignal sein“.
Nichts wie ran, könnte man meinen, doch die Bilder gleichen sich: Die finanziellen Dimensionen der erforderlichen Massnahmen überschritten die Möglichkeiten der Kirchengemeinde Uttum wiederum bei Weitem. Rund sieben Jahre dauerte es, Unterstützer*innen ins Boot zu holen, von Denkmalpflege und -schutz über die Evangelisch - reformierte Gesamtkirche bis hin zu Stiftungen. Im jüngsten Uttumer Gemeindeblatt (Heft 2, Februar/März 2023) endlich ist zu lesen, die Aufträge seien vergeben und die Arbeiten sollten im März beginnen.
Wir werden weiter berichten!
14.02.2023 Hartmut Schaudinn
Mehr zur Geschichte des Kirchturms