Nachstehend findet sich eine Dokumentation zur Restaurierung der Orgel in den Jahren 2020/21.

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Prädikat: Besonders gelungen, besonders wertvoll!

Ein Dreivierteljahr ist vergangen. Die historische Denkmalsorgel in der Evangelisch - reformierten Kirche zu Uttum ist restauriert. Bereits in der Vergangenheit konnte sie sich sehen und hören lassen. Nun kann sie es um so mehr. An vielen Stellen sind die herausragende Qualität und Kunstfertigkeit der durchgeführten Arbeiten abzulesen.

Die Arbeit am Gehäuse erwies sich als herausfordernder als gedacht. Unzählige nicht sichtbare Nägel waren vorzeiten hineingetrieben worden. Verrottet und verrostet waren sie und mussten Stück für Stück entfernt werden. In mühsamer Kleinarbeit wurden schadhafte und morsche Gehäuseteile ersetzt. Vor der Restaurierung war dieses Gehäuse etwa zwanzig Zentimeter tief in den doppelten Boden der Orgelempore eingelassen. Der Wiedereinbau erfolgte so, dass das Gehäuse nunmehr bündig auf dem oberen Boden der Empore steht und auch ihre Schuhe sichtbar sind. Vom Kirchenraum aus betrachtet ist der Prospekt vollständiger in Sicht als zuvor. Um künftige Arbeiten am Instrument zu erleichtern, wurde an der rückseitigen Emporenwand die aus jüngerer Zeit stammende Verkleidung entfernt und dadurch eine größere Tiefe für den Stimmgang erreicht. Sehr aufwendig und gründlich erfolgte die Restaurierung der Flügeltüren.

Farbuntersuchungen am Orgelgehäuse ergaben. dass die im Jahr 1971 erfolgte Farbgebung durch Kirchenmaler Hermann Oetken weitgehend der ersten von insgesamt vier nachvollziehbaren Farbfassungen entspricht. Die aktuellen Arbeiten konnten sich mit gutem Grund auf die Ausbesserung von Farbabstoßungen und die Angleichung der neu eingesetzten Holzelemente beschränken. Die auf der Rückseite einer der Flügeltüren zutage getretene Jahreszahl 1716 wurde freigelegt. In jenem Jahr wurden die Flügeltüren angebracht. Es könnte sich um das Jahr der ersten vollständigen Farbgebung handeln. Mittels eines Skalpells ist auf der linken Außenseite des Gehäuses eine Art Fenster freigelegt worden, an welchem sich die vier Farbfassungen ablesen lassen.

Windladen, Bälge, Klaviatur, Traktur und Pfeifenwerk sind unübersehbar durch viele Hände gegangen. Unzähliges musste gehobelt, geschliffen, gerichtet, geflickt, geleimt, gelötet, gestimmt, überarbeitet, ertüchtigt und repariert werden. Es galt zu erhalten, was nur erhalten werden konnte, und es blieb es auch, insbesondere das originale Pfeifenwerk. Die drei historischen Bälge wurden neu beledert, die Tretanlage restauriert und im Ergebnis eine Verbesserung der Windmenge erzielt.
Am sichtbarsten komplett neu sind die sechs größten Prospektpfeifen, deren Vorgänger aus der Restaurierung der Jahre 1956/57 entstammten.

Bei der Suche nach Antworten auf die Fragen nach der Entstehungszeit wie nach den Erbauern der Orgel bleibt es bei Vermutungen. Auf einer der Orgelpfeifen fand sich die Inskription „1641“. Die hintenstehende „1“ scheint zu einem „P“ ausgestaltet und könnte auf die Tätigkeit des Orgelmachers Johannes Paulli hindeuten. Dessen Name findet sich in alten Uttumer Kirchenbüchern, jedoch Jahrzehnte später. Belegt ist, dass sowohl 1676 als auch 1678 jeweils ein Kind dieses Orgelmachers in Uttum getauft worden ist. Die lange Verweildauer am Ort legt nahe, dass Johannes Paulli umfangreiche Arbeiten an der Orgel vorgenommen hat.

Ebenfalls in alten Kirchenbüchern ist der über dem Spieltisch lesbare Name von „Matthias Ennen Ludimagister“ verzeichnet. Er verstarb 1830 und war über sechs Jahrzehnte hinweg als Lehrer und Organist im Dorf tätig.

Buchstäblich jedes Teil der Orgel wurde im Rahmen ihrer sehr erfolgreichen Restaurierung in die Hand genommen und begutachtet. Ihre Historie ist gleichwohl nicht vollständig aufgeklärt. Gerade das macht den Charme einer historischen Denkmalsorgel aus, neben dem, was zuvörderst zu nennen ist: ihr ästhetischer Anblick und ihr bezaubernder Klang.

Hartmut Schaudinn, 18. Januar 2021


Fingerspitzengefühl ist gefragt

 

Wie ein riesiger Krake nimmt sich der Hubwagen aus, der in das Kircheninnere verbracht wurde. Auf weit auseinandergespreizten Füßen erhebt sich wie ein Tentakel der Hubarm, von dessen Arbeitsfläche aus Restaurator Dietrich Wellmer und seine Mitarbeiterin Linda Horn in beinahe schwindelnden Höhen Hand an die Bemalung des Orgelgehäuses legen. Ein Gerüst, so Dietrich Wellmer, wäre praktischer, allein, die räumlichen Verhältnisse auf der Orgelempore reichen nicht aus, insbesondere nicht vor dem Spieltisch.

So gewaltig der Hubwagen sich ausnimmt, so sehr ist die Liebe ins Detail gefragt. Wie jeder Heimwerker bei Malerarbeiten weiß: Der Untergrund muss sauber und trocken sein. Und wenn man sich nach der Reinigung ans Werk begibt, ist Umsicht gefragt, zumal bei diesem historischen Orgelgehäuse. Es soll ja nicht gleich alles "überpinselt" werden, sondern es gilt, hier und da auszubessern und zu retuschieren. Komplett neu soll gerade nichts werden, so legen es die Voruntersuchungen zur Farbfassung der Orgel nahe.

Zum einen haben sich unübersehbare Alterungsspuren an der Farbgebung des Gehäuses seit dem Jahr der letzten Bemalung im Jahr 1971 eingestellt, wie besonders auf einer der Flügeltüren abzulesen ist. Da schimmern die in früherer Zeit illusionistisch aufgetragenen und im Nachhinein überstrichenen Orgelpfeifen durch. Auch an vielen anderen Stellen "ist der Lack ab". Zum anderen wurde bei den im Vorfeld durch Orgelbauer Ahrend erfolgten notwendigen Tischlerarbeiten manches morsch gewordene Stück Holz durch ein neues ersetzt. Es gibt viel zu tun!

Apropos Krake: Wenn er schon in der Kirche steht, lässt er sich vielfältig einsetzen. Wie und wann kommt man denn schon in jene Ecken und Winkel des hochaufragenden Kircheninneren, wo sich Staub und Schmutz so gerne ablagern? So wurde der Hubwagen von den Mitgliedern des Kirchenrats und der Gemeindevertretung zum Großreinemachen genutzt. Nicht allein dem Auge, auch der Orgel tut es gut.

Hartmut Schaudinn, 12.01.2021

Das Team Wellmer bei der Arbeit an Uttums Orgel

Freigelegt: Im Jahr 1716 wurden die Flügeltüren angebracht


Premiere am Heiligen Abend 2020

Kurz vor dem Weihnachtsfest und damit schneller als gedacht konnte die Intonation der Orgel abgeschlossen werden. Und flugs war auch Landeskirchenmusikdirektor Winfried Dahlke zur Stelle, um das Werk abzunehmen. Er zeigte sich sehr angetan vom Ergebnis der monatelangen Mühen.

Damit war der Weg frei. Am Heiligen Abend 2020 konnte sich die coronakonform recht kleine Schar der Gottesdienstteilnehmer*innen an der Stimmgewalt der Orgel erfreuen. Sie tat dies umso mehr, als Gesang unterbleiben musste. Ebensp erfreuen konnte sie sich an den im Kerzenschein funkelnden und glänzenden erneuerten Prospektpfeifen.

Kaum jemand dürfte aufgefallen sein, dass das Orgelgehäuse gut 20 Zentimeter höher gesetzt worden ist. An seinem vertrauten Anblick wird sich auch durch die im Januar 2021 beginnenden malerischen Restaurierungsarbeiten nichts ändern. Sie beschränken sich auf die Ausbesserung und Retusche der Schad- und Ergänzungsstellen.

Ein Termin für die offizielle Indienstnahme der Orgel wird noch auf sich warten lassen müssen.

Hartmut Schaudinn, 29.12.2020

O du fröhliche, o du selige gnadenbringende Weihnachtszeit

Landeskirchenmusikdirektor Winfried Dahlke bei der Abnahme der historischen Denkmalsorgel in Uttum am 23.12.2020

Ihr Klang macht Lust auf mehr

Vierter Advent 2020: Erstmals nach einem Dreivierteljahr erklingt die Orgel der Uttumer Kirche wieder im Gottesdienst.

Man könnte sagen: Es geschah in bescheidenem Ausmaß. Man könnte die Ursache dafür in der Pandemie suchen und darin, dass Singen im Gottesdienst nicht erlaubt ist. Und beides, der Klang der Orgel und der Gesang der Gemeinde, gehört doch zusammen. Und wie wahr das wäre!

Was man jedoch wirklich sagen kann: Entgegen allem Wünschen und Hoffen waren bis zu diesem Tag nicht alle, sondern wenige der neun Register spielbar, darunter der den Charakter der Orgel so sehr prägende Praestant. Und so stand der Kirchenrat vor der Frage: Sollen wir es wagen, die Orgel erklingen zu lassen, wenn auch unvollständig?

Die Antwort lautete: Ja. Ein wenig musste improvisiert werden. Da das Orgelgehäuse gut 20 Zentimeter höhergesetzt worden ist als zuvor, passt die alte Orgelbank nicht mehr. Durch ein kleines Podest wird der Höhenunterschied ausgeglichen. Es ist jedoch noch nicht eingebaut. So musste Organistin Elke Steps-Prell stehend in die Tasten greifen. Doch es hat sich gelohnt. Der Praestant erklang neu und zugleich vertraut wie eh und je - und machte Lust auf mehr. Und es dauert nicht mehr lange. Die Arbeit geht gut voran und wird zum Jahresende abgeschlossen sein. Zu Beginn des Jahres 2021 werden die malerischen Restaurierungsarbeiten des Gehäuses in Angriff genommen.

Hartmut Schaudinn, 23.12.2020


Orgel Uttum und Orgelbau: Ein Interview mit Orgelbauer Hendrik Ahrend

Ina Mennenga arbeitet als Reporterin für die Tourismus GmbH Krummhörn-Greetsiel. Im Dezember 2020 führte sie in der kalten Uttumer Kirche ein Interview mit Hendrik Ahrend. Es findet sich auf dem Online Blog der Tourismus GmbH Krummhörn - Greetsiel.


Intonation: Es sind Geduld und Können gefragt

Die Orgelpfeifen waren in die Kirche zurückgekehrt und ein paar arbeitsreiche Tage später in das Gehäuse eingesetzt, jede an ihrem Platz. Da kann doch die Orgel wieder gespielt werden!

So könnte man meinen, und so verhält es sich nicht. Zuvor müssen die Pfeifen intoniert werden.
Intonation: das Wort allein ist ein sperriger Begriff. Unter Missachtung der Rechtschreibregeln lässt sich in seiner Mitte das Wort „Ton“ erkennen. Um ihn dreht es sich: um den guten Ton jeder einzelnen Pfeife, um den Zusammenklang der Pfeifen in einem Register und schließlich um den Gesamteindruck sämtlicher Pfeifen und Register. Lautstärke und Klangfarbe müssen in sich wie zueinander ausgeglichen und jede Pfeife gestimmt werden.

Und was für eine Arbeit das ist! Pfeife für Pfeife wird angespielt, aus dem Gehäuse genommen, mit speziellem Werkzeug bearbeitet und wieder eingesetzt. Und wenn das Ergebnis nicht stimmt und nicht zufriedenstellt, beginnt das Ganze von vorne. Nicht nur zwei- oder dreimal, sondern gerne auch ein dutzendmal geht das vor sich. Viel Geduld ist gefragt, und vor allem ein gut geschultes und präzises Gehör.

In der in dieser Jahreszeit kalten Kirche stellen sich Hendrik Ahrend und Mitarbeiterin Haidy Ronke bereits in der zweiten Woche dieser Aufgabe. Es zeichnet sich ab, dass sich die Arbeiten bis in das neue Jahr hinziehen werden.

Hartmut Schaudinn, 15.12.2020

[n einer Ecke der Orgelempore ist der Arbeitstisch von Haidy Ronke aufgebaut.


Die Orgelpfeifen kehren zurück

 

Das Gehäuse steht schon einige Tage, die Bälge und anderes mehr haben ihren Platz gefunden, die Technik ist eingerichtet. Doch das, was die Orgel wirklich zum Klingen bringt, das fehlt noch. Doch am 3. Dezember kehren endlich die Orgelpfeifen zurück in die Uttumer Kirche.

Es ist ein bisschen wie Weihnachten. Das Geschenk darf ausgepackt werden, lagern die vielen hundert Orgelpfeifen doch sicher verpackt und aufbewahrt in großen Holzkisten. Und was bei deren Öffnung zum Vorschein kommt, ist ein "Ah" und "Oh, wie schön" wert. Silbern und golden glänzen die neu angefertigten Pfeifen für den Mittelturm der Orgel. Naürlich haben die alten - gar uralten Pfeifen - ihre Patina behalten. Man wird sie auch nicht zu Gesicht bekommen, da doch das Gehäuse den Blick auf sie verwehrt. Aber was da in der ersten Reihe steht: toll! Man versetze sich ein paar Jahrhunderte in die Entstehungszeit der Orgel.zurück. Die Menschen des Dorfes wohnen und hausen in einfachsten Verhältnissen. Und dann beim Gang zum Gottesdienst erblicken sie die funkelnde und glitzernde Pracht ihrer Orgel. Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden. Wir haben es vor Augen, und nicht minder im Ohr.

Doch noch ist nicht alle Arbeit getan. Die vielen hundert Pfeifen müssen intoniert werden. Es gilt, Pfeife für Pfeife, Register für Register und alle Register gemeinam in Tonhöhe, Lautstärke und Klangfarbe aufeinander abzustimmen. Darin besteht, über allles erforderliche handwerkliche Geschick hinaus, die hohe Kunst des Orgelbaus. Zur Verrichtung dieser Aufgabe ist ein erfahrenes und geschultes Gehör unabdingbar. Und sehr viel Geduld.

Ab dem 7. Dezember 2020 wird sich Orgelbauer Hendrik Ahrend dieser Aufgabe annehmen. Hoffentlich zu Weihnachten wird die Orgel neu erklingen. Eine große Feier wird coronabedingt nicht möglich sein. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Überdies werden die Mal- und Restaurierungsarbeiten am historischen Orgelgehäuse erst im Januar 2021 beginnen.

03.12.2020 Hartmut Schaudinn

Sie haben ausgedient: Die Pfeifen des Mittelturms aus dem Jahr 1957.


Wer war Matthias Ennen?

 

"Matthias Ennen Ludimagister": So steht es in goldenen Lettern über dem Spieltisch der Orgel geschrieben. Ludimagister nannte man den in Personalunion tätigen Lehrer und Organisten des Dorfes. Doch wer war dieser Matthias Ennen?

Bei einem tiefen Blick in die alten Kirchenbücher findet sich ein Eintrag aus dem Jahr 1830. Es ist zu lesen, am elften Februar morgens 3 Uhr sei der Organist ("Organ.") und Schullehrer ("Schull.") Matthias Ennen im Alter von 86 Jahren 5 Monaten und 20 Tagen gestorben. Diese ausführliche Angabe ist verglichen mit den weiteren Einträgen des Kirchenbuchs ungewöhnlich, werden dort doch lediglich die Lebensjahre der Verstorbenen angegeben. Aus anderer Quelle wird berichtet, dass Matthias Ennen 60 Jahre lang Organist und Schullehrer in Uttum gewesen sei. So darf man aus dem Eintrag des Kirchenbuchs auf eine besondere Anerkennung seines jahrzehntelangen Dienstes schließen. Erst kurz vor seinem Todesjahr, nämlich in den Jahren 1827-29, ist die Umsetzung der Orgel von der West- auf die Ostseite der Kirche erfolgt und also Hand an sie gelegt worden. Sicher ist diese Umsetzung von Matthias Ennen begleitet worden, so dass in jenen Jahren sein Name Eintrag auf dem Orgelgehäuse gefunden hat.

Hartmut Schaudinn, 26.11.2020


Martini 2020: Der Wiederaufbau hat begonnen

Es ist der 10. November 2020. Ein großer LKW steht vor der Tür der Uttumer Kirche. Darin: die Orgel. Nein, nicht die Ganze, sondern das Gehäuse, die Bälge, die Windlade, die Technik. "Technischer Wiederaufbau", so nennt Markus Collmann, Mitarbeiter der Orgelwerkstatt Ahrend, was nun für die Dauer der nächsten zwei bis drei Wochen vor sich gehen wird. All die vielen Einzelteile des historischen Instruments kehren an ihren seit rund 200 Jahren angestammten Ort auf der Empore der Ostseite der Uttumer Kirche zurück. Während der Restaurierung in der Werkstatt war eine genaues Auge und reichlich Maßarbeit gefragt. Nicht anders jetzt, und dazu durchaus körperlicher Einsatz. Die kleineren Teile werden Stück für Stück und soviel die Hände tragen können in ungezählten Schritten die schmale Treppe zur Empore hinaufgetragen - "Gegenverkehr ausgeschlossen". Bei den großen Elementen kommt ein Lift zum Einsatz. Immerhin. Doch selbst dann hebt beispielsweise einen Balg niemand alleine hoch.

Und warum heißt es "angestammter Platz seit rund 200 Jahren"? Die Uttumer Denkmalsorgel ist doch deutlich älter? Stimmt. Die ersten rund 160 Jahre ihres Bestehens stand sie auf der Westseite des Kirchenschiffs, dicht am Kirchturm. Und wenn darin die Glocken läuteten und die Wände wackelten, dann wackelte die Orgel mit. Auf Dauer verträgt ein solches Instrument das nicht. Also wurde beschlossen, sie dieser Gefährdung nicht länger auszusetzen und sie umzusetzen. So wurde die Orgel in den Jahren 1827 - 29 durch die Orgelbauer Gebrüder Rohlfs aus Esens auf die andere Seite des Kirchenschiffs verlagert. Seither ist es ihr "angestammte Platz".

Hartmut Schaudinn, Martini 2020

Einer der historischen Bälge findet seinen Weg zurück in die Balganlage. Die Restaurierung der insgesamt drei Bälge ist eines der zentralen Anliegen der Restaurierung der Orgel. Ziel ist die bessere Windversorgung,. Auf Grund fehlender finanzieller Mittel ist diese Maßnahme bei der Restaurierung in den Jahren 1956 / 57 zurückgestellt worden.

Und so berichtet die Presse:

Emder Zeitung vom 17.11.2020
Ostfriesenzeitung vom 11.11.2020

Nicht nur in der Werkstatt wird gearbeitet

In den Jahren 1827 - 29 hat Orgelbauer Rohlfs aus Esens die Uttumer Orgel von der Westseite auf die Ostseite des Kirchenschiffs umgesetzt. Seither thront sie auf der dort befindlichen Empore. Auch an jener sind die Jahre nicht ohne zahlreiche Veränderungen vorübergegangen. Zuletzt bedeckte ein unansehlich gewordener Kunststoffbelag den Fußboden.

In diesen Fußboden war die Orgel etwa 20 Zentimeter tief eingelassen - warum eigentlich? Nun wird sie höher gesetzt und die Einlassung abgedeckt. Das ist Sache der Orgelbauwerkstatt Ahrend.

Doch wenn man schon dabei ist, sollte man auch das "Ambiente" verbessern. Das ist Ehrensache der Mitglieder von Kirchenrat und Gemeindevertretung. In einer Gemeinschaftsaktion hieß es zunächst einmal, den Kunststoffbelag zu entfernen. Zutage trat ein Holzbohlenboden. Säubern, anschleifen, einölen, so hießen die nächsten Schritte. Und wie prächtig nimmt sich das Ergebnis dieser Bemühungen aus! Die Orgel kann kommen.

Hartmut Schaudinn, 08.11.2020

Es erfolgt der letzte Schliff. im Vordergrund ist die Aussparung zu erkennen, in welche die Orgel bislang eingelassen war. - Foto: Janssen


Inskription gefunden: sensationelle Entdeckung?

"Uttums historische Orgel ist das Werk eines unbekannten Meisters aus der Zeit um das Jahr 1660". Bei dieser Auskunft musste man es bislang belassen, wenn man nach der Entstehungszeit und dem bzw. den Erbauern der Uttumer Orgel fragte. 

Nun könnte ein wenig Bewegung in die Sache kommen. Wie Orgelbaumeister Hendrik Ahrend mitteilt, ist im Zuge der Restaurierungsarbeiten eine kaum sichtbare Inskription auf einer der Prospektpfeifen entdeckt worden. "Anno 1641", so steht dort geschrieben, wobei die hintenstehende 1 zu einem P ausgezeichnet scheint. Diese Entdeckung ist, einmal abgesehen von der bekannten Entstehungszeit der Flügeltüren aus dem Jahr 1716, der erste am Pfeifenwerk selbst aufgefundene Hinweis auf die Entstehungszeit des Instruments - zum einen. Und zum anderen könnte das "P" Aufschluss über ihren Erbauer geben.

Die Vermutung, dass der Orgelmacher Johannes Pouly (Pauly) am Um- oder Neubau der Orgel beteiligt war, steht bereits längere Zeit im Raum. Es liegen jedoch keine Urkunden vor. Sollte das "P" für ihn stehen? Die Nachrichten über ihn sind spärlich. Sein Geburtsjahr ist nicht bekannt. Nachgewiesen ist seine Tätigkeit an den Orgeln in Norden und Wittmund in den Jahren 1663 und 1664, also mehr als zwei Jahrzehnte später als die aufgefundene Inskription.

Zwischenzeitlich hat Pastor i.R. Hartmut Schaudinn in einem alten Taufbuch der Ev.-ref. Kirchengemeinde Uttum  (beginnend ab 1667) gefunden, dass dort die Taufe zweier Kinder des Orgelmachers Johannes Paulli verzeichnet ist, und zwar in den Jahren 1676 und 1678. Kann also mit gebotener Zurückhaltung eine Tätigkeit des Orgelmachers Paulii an der Uttumer Orgel angenommen werden, so ist deren Art und Umfang unbestimmt. Auch der große zeitliche Abstand zur Inskription von 1641 gibt Rätsel auf.

Die vorgenannten Funde können durchaus als "Sensation" eingestuft werden. Ihre Bedeutung für die Erforschung der Geschichte der Uttumer Orgel bedarf jedoch weiterer Prüfung.

Hartmut Schaudinn, 08.11.2020


Sie ist bald wieder da

Corona - Pandemie hin und her: Die Restaurierung der Orgel ist zügig vorangeschritten. In der Woche ab dem 9, November 2020 wird sie in die Uttumer Kirche zurückkehren. Der Aufbau wird einige Zeit dauern. Es folgen Malerarbeiten am Instrument durch Diplomrestaurator Dietrich Wellmer und sein Team. Ganz zum Schluss geschieht die Intonierung all der Pfeifen und Register. In der ersten Dezemberhälfte sollte die Orgel wieder spielbar sein.  Wir freuen uns darauf! Allerdings lässt sich gegenwärtig nicht absehen, wann sie ihre Stimme wieder vor einer größeren Schar an Zuhörerinnen und Zuhörern zu Gehör bringen kann.  

Uttum, den 31.10.2020


Pfeife für Pfeife ...

 

... wird im Rahmen der Orgelrestaurierung in die Hand genommen, begutachtet, gereinigt und wenn nötig repariert. Sie sind es wert, die historischen Pfeifen, heißt es doch von der Uttumer Orgel in zahlreichen Veröffentlichungen, ihr Pfeifenwerk sei fast vollständig original erhalten.

"Fast vollständig" ist jedoch nicht gleichzusetzen mit "komplett vollständig. Selbstverständlich sind im Verlauf von 360 Jahren durch verschiedene Hände allerlei Reparaturen und Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt worden. Manches konnte und manches sollte nicht erhalten werden. So wurden zuletzt 1957 die sechs größten Prospektpfeifen durch die Orgelbauer Ahrend und Brunzema gemäß dem damaligen Kenntnisstand rekonstruiert. Sechs Jahrzehnten haben sie gehalten. Nun erweisen sie sich als zu weich. Sie werden komplett neu angefertigt. Das Foto zeigt einen der letzten Arbeitsschritte an der größten neuen Pfeife: Sie muss mit Wasser und Lappen gereinigt werden. Bevor sie gemeinsam mit fünf weiteren Pfeifen ihre vornehmen Platz im Gehäuse einnimmt, wird eine Goldfolie aufgebracht.

Stand: 24.09.2020


Das Orgelgehäuse: Naturbelassen oder in Farbe?

Allerlei Uttumer Gemeindeglieder erinnern sich und ältere Schwarz-Weiß-Fotografien belegen es: Das Gehäuse der Uttumer Orgel erstrahlte nicht immer in den heutigen Farben. Die verdanken sich dem Schaffen des Kirchenmalers Hermann Oetken aus den Jahren 1970 / 71. Was liegt näher, als im Rahmen der Orgelrestaurierung die ursprüngliche Farbgebung des Gehäuses zu erforschen?

Mit der Untersuchung beauftragt wurde der Diplomrestaurator Dietrich Wellmer. In Mai und Juni 2020 begab er sich ans Werk. Das Ergebnis seiner Bemühungen lautet: Abgesehen von Unterschieden in dem einen oder anderen Detail orientiert sich die aktuelle Farbgebung weitgehend an der nachweisbar ersten vollständigen Farbfassung aus dem Jahr 1716. Dietrich Wellmer empfiehlt daher, sich bei der Restaurierung des Orgelgehäuses auf die Ausbesserung schadhafter Stellen zu beschränken.  

Gehäuseuntersuchung: Wie lauten die Ergebnisse im Einzelnen?

Stratigrafischer Fassungsschnitt mittels Skalpell sowie Mikroskopie: So heißen die zur Untersuchung der Farbgebung des Orgelgehäuses zur Verfügung stehenden Instrumentarien. Mit ihrer Hilfe hat Dietrich Wellmer vier Farbfassungen deutlich und eine ältere Fassung fragmentarisch nachweisen können.

Nach Erbauung der Orgel um das Jahr 1660 ist das Orgelgehäuse weitgehend holzsichtig gewesen.

Im Jahr 1716 erhielt die Orgel durch Umbauten ihre heutige Form und ihre erste vollständige Farbfassung. Dieses Jahr ist belegt durch eine Inschrift auf der Rückseite eines der Flügel. Gleichwohl können die Flügel älteren Datums sein.

Die zweite Farbfassung datiert in die Zeit nach dem Abbau der Orgel 1804 und ihrem Wiederaufbau 1829 durch Johann Gottfried Rohlfs und ist reinweiß mit Vergoldungen hier und da. Der Abbau war infolge des Einsturzes des steinernen Tonnengewölbers der Kirche erfolgt.

Eine dritte Farbfassung ist um 1924 im Stil der Holzimitationsmalerei erfolgt. Auf den Flügeltüren sind illusionistische Orgelpfeifen aufgemalt worden. So wirkte das Pfeifenwerk imposanter.

Die vierte (und heutige) Farbfassung erfolgte in den Jahren 1970 / 71. Die "illusionistischen Orgelpfeifen" jedoch wurden navh Erinnerung des Orgelbauers Jürgen Ahrend bereits im Zuge der Restaurierung 1956 / 57 überstrichen.

Das Gehäuse der Uttumer Orgel: Nicht alle Fragen sind vollständig beantwortet. Immerhin haben die bisherigen Arbeiten und Untersuchungen manchen Aufschluss ergeben.

Orgel nach 1924 mit Holzimitationsmalerei
Orgel 1957 oder später: Die Holzimitationsmalerei auf den Flügeltüren ist bereits überstrichen

18. Mai 2020: Ein Besuch in der Werkstatt

Es ist der 18. Mai 2020, ein Montag bei schönstem Wetter. Reichlich vier Wochen ist es her, dass die Uttumer Orgel ihren Weg in die Orgelbauwerkstat Ahrend gefunden hat. Was ist inzwischen geschehen? Ein Besuch in der Werkstatt gibt Aufschluss.

Der erste Eindruck: Sie ist gar nicht da, die Orgel. Nicht, als ob sie abhanden gekommen wäre. Aber das gewohnte und vertraute Bild der Orgel in ihrer Gesamtheit vor Augen gibt es nicht. Sie ist buchstäblich in alle Einzelteile zerlegt und findet sich Stück für Stück in den verschiedensten Räumlichkeiten - oder sagt man: Abteilungen? - der Werkstatt wieder. Hier das Gehäuse oder auch nur Teile davon, dort die Bälge, dort die Pfeifen. Und was es sonst noch mehr gibt. Das eine Stück ist bereits bearbeitet und hergerichtet, das andere ist gerade in Arbeit, das dritte lagert noch im Regal.

Der zweite Eindruck: Da steckt vielmehr Arbeit drin, als man sich als Laie vorstellen kann. Jedes Einzelteil wird geprüft: In welchem Zustand befindet es sich? Was ist zu tun - und was sollte man besser nicht tun? Das ist etwas anderes, als wenn man sich eine neue Küche oder eine Couchgarnitur für das Wohnzimmer kauft. Es wird restauriert - nicht entsorgt. Erneuert wird einzig, was verrottet und nicht mehr zu retten ist, und sei es ein wenige Zentimeter großes und breites Stück des alten Eichengehäuses.

Dazu gesellen sich Überraschungen: Da sind auf den Oberflächen einiger Pfeifen merkwürdige Strukturen zu erkennen. Was ist der Grund dafür? Da findet sich im Inneren des Gehäuses eine Skizze in das Holz eingraviert. Welchen Zweck hat sie gehabt?

Und so lautet der letzte Eindruck: Hut ab vor der diffizilen Kunst des Orgelbaus und der Orgelrestaurierung. Und bis am Ende wieder alles zusammengefügt ist und die Orgel in ihrer Gesamtheit an ihrem alten Platz in neuem Glanz erstrahlt: ein Puzzle ist nichts dagegen.  


9. Mai 2020: Ersatzinstrument ist angekommen

Pünktlich am 9. Mai 2020 hat Orgelbauer Jürgen Ahrend eine Truhenorgel in die Uttumer Kirche gebracht. Pünktlich, denn am 10. Mai hätte in dieser Corona - Zeit erstmals wieder ein Gottesdienst stattfinden können. Und wenn die versammelte Gemeinde, wie empfohlen, auf Gesang verzichten sollte, so hätte sie sich wenigstens am Klang dieses Instruments erfreuen können.

Allein, so weit war es noch nicht. Die Wiederaufnahme der Gottesdienste in der Kirche will aus Gründen des Gesundheitsschutzes wohl überlegt und bestens geplant sein.


15. und 16. April 2020: Die Orgel verlässt die Kirche

 

Blauer Himmel, strahlendes Sonnenlicht: Ein Frühlingstag, wie er im Buche steht und wie gemacht für einen Spaziergang. Viele haben, Corona sei's geklagt, mehr Zeit als gewohnt.

Seitens der Orgelbauwerkstatt Ahrend ruht die Arbeit nicht. Power und Finesse sind gefragt, denn es gilt, die Uttumer Orgel abzubauen. Zahlreiche Pfeifen wurden bereits am 12. März des Jahres geborgen. Heute folgt der "große Rest": die verbliebenen Prospektpfeifen und das gesamte Gehäuse nebst handwerklich kunstvollem Innenleben, dazu die historischen Bälge..

Vom Aufbau eines Gerüstes bis hin zur sicheren Verpackung muss jeder Handgriff sitzen. Sechs Mann hoch haben ihr Tun. Überraschungen sind eingeplant. So ist die Orgel tief in die Empore eingelassen, deren Boden vor Jahrzehnten erhöht worden war. Soll und kann das so bleiben? Die Gedanken eilen voraus. Und bei alledem: Es ist nicht viel Platz zum Arbeiten, eigentlich zu wenig. Phantasie ist gefragt. Nur Stück gut Stück geht es voran.

Die Gemeinde freut sich auf die Rückkehr der Orgel. Es wird einige Monate dauern.


12. März 2020: Der Anfang ist gemacht

Es ist nicht spektakulär, was da am Vormittag des 12. März 2020 in der Uttumer Kirche vor sich geht. Zwei Mitarbeitende der Orgelbaufirma Ahrend sind mit einem Transporter vorgefahren. Ihre Aufgabe ist es, die Pfeifen einiger der insgesamt 9 Register der Orgel auszubauen und in die Werkstatt nach Leer zu transportieren. Doch bis es soweit ist sind Geduld und Sorgfalt gefragt.

Zunächst finden einige große Transportkisten aus Holz ihren Weg in den Chorraum der Kirche. Sie sind so alt wie das Unternehmen Orgelbau Jürgen Ahrend, ehemals Ahrend und Brunzema, selbst und verrichteh nach wie vor beste Dienste. Werkzeuge und jede Menge Verpackungsmaterial vervollständigen das Bild.

Die Orgel steht auf der Empore auf der Ostseite der Kirche. Eine schmale und steile Treppe führt zu ihr "empor". Da bringt man die Transportkisten weder hinauf noch hinunter. Viel Platz zum Arbeiten gibt es ohnehin nicht. Gerade mal 40 Zentimeter tief ist der Zwischenraum zwischen Orgelrückwand und Emporenwand.

Stück für Stück wird eine Orgelpfeife nach der anderen aus dem Gehäuse der Orgel entnommen, und Stück für Stück wird jede einzelne von ihnen mittels eines kleinen Etiketts beschriftet. Schließlich gilt es, sie am Ende der Restaurierung wieder an ihren angestammten Platz zu setzen.

Dann heißt es, dutzende Male die Treppe hinauf- und wieder herabsteigen. Die kleinen Pfeifen lassen sich in einem Pfeifenstock "im Paket" transportieren. Die größeren und großen Pfeifen müssen mitunter einzeln getragen werden. Es handelt sich um mehrere hundert Pfeifen, die nach und nach in den Transportkisten verstaut werden.  

Zum Glück gelangt jede Arbeit einmal an ihr Ende. Gut verpackt und gelagert werden die Pfeifen in die Werkstatt nach Leer transportiert. In der Uttumer Kirche ist von alledem nichts mehr zu sehen. Kisten und Materialien sind verschwunden. Selbst die Orgel erweckt äußerlich den Anschein, als sei nichts geschehen. Die großen Prospektpfeifen sind noch da, die Orgel ist sogar noch spielbar. Allerdings können nicht mehr alle Register gezogen werden.

 

Uttum, den 12 März 2020


Stiftung Orgelklang: Uttumer Orgel ist Orgel des Monats Februar

Seit ihrer Gründung im Jahr 2007 engagiert sich die Stiftung Orgelklang für die Bewahrung von historischen Orgeln in evangelischen Kirchen in ganz Deutschland. Sie hat seither mehr als 180 Förderzusagen für die Sanierung von Kirchenorgeln erteilt. Auch den Förderantrag der Evangelisch - reformierten Kirchengemeinde Uttum zur Restaurierung ihres historischen Instruments hat sie im Jahr 2019 positiv entschieden.

Zum Konzept der Stiftung Orgelklang gehört es, monatlich eine der förderungsfähigen Orgeln zur "Orgel des Monats" zu küren. Im Februar 2020 fällt die Wahl zur Freude der Kirchengemeinde auf die Uttumer Orgel.

Im Jahr 2020 fördert die Stiftung Orgelklang 19 Projekte. Zur Verfügung stehen dafür 55.000 Euro bzw. 110.000 Euro inklusive Projektspenden. 3.000 Euro kommen der Uttumer Orgel zugute. Die Evangelisch - reformierten Kirchengemeinde hat ihrerseits seit dem Jahr 2003 die Gemeindeglieder um Spenden zugunsten der Orgel gebeten. Angereichert durch Kollekten, Erlöse und Spenden etwa im Rahmen kirchenmusikalischer Veranstaltungen konnte im Lauf der Zeit ein beachtliches Eigenkapital angespart werden, wobei sich nach und nach auch der Umfang der erforderlichen Arbeiten als größer erwies als zunächst gedacht.

Noch muss sich die Uttumer Gemeinde gedulden. Aus terminlichen Gründen auf Seiten des Orgelbauers Hendrik Ahrend konnten die Arbeiten nicht wie vorgesehen im Januar 2020 beginnen. Auf ein paar Wochen mehr oder weniger wird es nach so langer Vorbereitungszeit jedoch nicht ankommen.

Neben der "Orgel des Monats" kürt die Stiftung Orgelklang auch die "Orgel des Jahres". Sie wird am Ende eines Jahres aus den 12 vorgestellten Projekten gewählt. Die Wahl erfolgt online, und man kann sogar etwas gewinnen. Vielleicht darf sich die Uttumer Orgel Chancen ausrechnen?

Mehr Informationen finden sich im Internet unter www.stiftung-orgelklang.de

Uttum, den 18. Februar 2020


Spielt auf zum Abschied und Auftakt"

Ein letztes Mal sollte die Orgel am Freitag, dem 10. Januar 2020 vor großem Publikum erklingen. Der Beginn der Restaurierungsarbeiten  war für den Beginn der darauf folgenden Woche geplant. Doch Letzteres kam anders.

Wenn auch die Stimme der Orgel im Mittelpunkt der gut besuchten Veranstaltung stand: Es war kein reines Konzertprogramm, das die Gäste der Uttuner Kirchengemeinde an diesem Abend erwartete.

Orgelbauer Hendrik Ahrend beschrieb die Besonderheiten des Instruments und umriss auf unterhaltsame Weise die Ziele der vorgesehenen Arbeiten. Einbezogen sei das ganze Werk vom Gehäuse bis zu den Pfeifen. Eine besondere Chance und Herausforderung zugleich stelle die Restaurierung der historischen Balganlage dar. Solche Bälge seien mit der Einführung elektrischer Gebläse vielerorts entfernt worden, erfreulicherweise jedoch nicht in Uttum. Hendrik Ahrend erinnerte daran, dass bei den in den Jahren 1956/57 durchgeführten Arbeiten an der Orgel die Balganlage aus Kostengründen nur notdürftig repariert worden sei und gar zwei der drei Bälge stillgelegt worden seien.

Christian Janssen, der Vorsitzende des Kirchenrats, legte die Finanzierung der Maßnahme dar: Über die Jahre konnten durch Spenden und diverse Aktionen Eigenmittel der Kirchengemeinde in beachtlicher Höhe angespart werden. Durch die Aufnahme in das Denkmalschutzsonderprogramm VII des Bundes sei der Durchbruch gelungen, nicht zuletzt dank der Fürsprache der MdB's Johann Saathoff und Ulla Ihnen. Stiftungsmittel seien beantragt und zugesagt worden. Beteiligen würden sich die Stiftung Orgelklang, gemeinsam mit der Stiftung KiBa, die Niedersächsische Sparkassenstiftung in Zusammenarbeit mit der Sparkasse Aurich Norden, die Klosterkammer Hannover sowie die Gerhard ten Doornkaat Koolman - Stiftung. Auch die Evangelisch - reformierte Landeskirche habe einen beachtenswerten Förderbetrag zugesagt.

In den Reigen der Wortbeiträge einbezogen war auch Uttums langjähriger Pastor Hartmut Schaudinn, seit Oktober 2019 im Ruhestand. Er schlug einen Bogen von der bevorstehenden Restaurierung zu jener durch die Orgelbauer Ahrend und Brunzema in den Jahren 1956 / 57 und beschrieb, wie sich gut fünfzig Jahre danach neuerlich die Notwendigkeit ergab, Hand an das historische Instrument zu legen. Seit 2003 verfolge die Kirchengemeinde mit großer Beharrlichkeit das Ziel, die Orgel zu sanieren. Auch Kurioses wusste Pastor Schaudinn zu erzählen. So gab es im Jahr 1931 die Empfehlung eines Orgelschachverständigen (tatsächlich: eines Orgelbauers), die Uttumer Orgel durch einen Neubau zu ersetzen. Der Ev.-ref. Landeskirchenrat (damaks Aurich) habe diese Empfehlung übernommen. Einzig für den Fall, dass die finanziellen Mittel für einen solchen Neubau nicht zur Verfügung stünden, sei eine Reparatur des vorhandenen Instruments angeraten. Diese Mittel standen zwei Jahre nach der Weltwirtschaftskrise nicht zur Verfügung - nicht in Uttum, nicht bei der Reformierten Kirche und nicht bei der Denkmalpflege. Von heute aus betrachtet: Was für ein Glück. Noch im gleichen Jahr hatte die Uttumer Kirchengemeinde ein weiteres Ereignis zu verkraften: Im Dezember brach die Westseite des Kirchturms ein. Für seine vollständige Restaurierung standen erst recht keine ausreichenden Mittel zur Verfügung.

Der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung war der musikalische Teil des Abends in der Uttumer Kirche. Landeskirchenusikdirektor Winfried Dahlke präsentierte ein ausgewogenes Programm weltlicher wie geistlicher Stücke aus der Entstehungszeit der Orgel. Dabei zog er keineswegs alle Register auf eimal, sondern brachte mal dieses und mal jenes "solo" zu Gehör oder auch in Kombination mit einem oder wenigen weiteren der insgesamt neun Register. Die Vielfalt der Töne und Farben war schlicht beeindruckend, wenn je und dann auch zu hören war: da muss etwas instandgesetzt werden.

Im weiteren Verlauf bot der junge Orgelschüler Jan Siekmann, aus Cirkwehrum stammend, einige zeitgenössische Stücke dar. Zum guten Schluss sang die versammelte Besucherschar das Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen". Sie wurde begleitet von der Organistin Elke Steps-Prell, die zum 1. Advent 2019 auf eine 30jährige Tätigkeit in Uttum zurückblicken konnte. Christian Janssen bedankte sich im Namen der Kirchengemeinde bei ihr und überreichte einen Blumenstrauß.  

"Spielt auf zum Abschied und Auftakt", lautete das Motto der Veranstaltung. Doch der Beginn der Restaurierungsarbeiten musste aus terminlichen Gründen kurzfristig verschoben werden. So zieht sich der Abschied von der Orgel bis Anfang März hin, und der Auftakt lässt bis dahin auf sich warten.

Veranstaltung "Spielt auf zum Abschied und Auftakt": In der gut besuchten Uttunmer Kirche spielten Landeskirchemusikdirektor Winfried Dahlke sowie der Orgelschüler Jan Siekmann auf.

 

Und so berichtet die Presse:


Bewegte Geschichte und ungelöste Fragen

"Bewegt" ist die Geschichte der Uttumer Renaissance - Orgel im wahrsten Sinn des Wortes.

Errichtet wurde sie ursprünglich auf der westlichen Empore des Kirchenschiffs. Als im Jahr 1804 das steinerne Tonnengewölbe der Kirche herunterstürzte, gab es an diesem Ort kein Halten mehr. Die Orgelbauer Gebr. Rohlfs aus Esens haben die Orgel geborgen und auf der östlichen Empore wieder aufgebaut.

An vorderster Stelle der "ungelösten Fragen" stehen jene nach ihrem Erbauer / ihren Erbauern und dem genauen Entstehungsdatum. Es gibt Mutmaßungen, doch gewiss ist nichts. Auch Kurioses lässt sich finden: So wurden im Jahr 1947 (oder etwas später) Orgelpfeifen mit einem Gesamtgewicht von 16 Pfund verkauft. Sie lagen zuvor jahrelang im Orgelschrank. Aus Anlass einer Reparatur der Orgel erklärte ein Orgelbauer, die Pfeifen seien nicht besonders wertvoll. Der damalige Orgelsachberater des Amtes für Kirchenmusik in der Ev.-ref. Kirche stufte die Pfeifen als "jüngeren Datums" ein. Der Erlös des Verkaufs in Höhe von 55 D-Mark - erwartet waren 100 D-Mark - wurde verwendet, um eine offene Rechnung zur Reparatur von Instrumenten des Posaunenchores zu begleichen. Anders, so rechtfertigt es der ehemalige Ortspastor, der zwischenzeitlich in eine andere Pfarrstelle gewechselt war in einem Schreiben aus dem Jahr 1952, seien die dazu notwendigen Mittel der zu jener Zeit "stark verschuldeten Kirchengemeinde" nicht aufzubringen gewesen. Doch was für Pfeifen mögen es gewesen sein? Immerhin ist sich die Fachwelt einig, dass das Pfeifenwerk der Orgel (und anderes mehr) fast vollständig original erhalten ist.

Rein äußerlich hat die Orgel mehrfach ihr Aussehen verändert. Die heutige Farbgebung stammt aus dem Jahr 1971. Zwei Schwarzweiß - Fotos aus den Jahren zuvor bescheinigen ein ganz anderes Erscheinungsbild, übrigens auch des Kircheninneren. Das ältere der beigefügten Fotos zeigt die Bemalung der Flügeltüren mit aufgemalten Orgelpfeifen. So sollte das Werk vermutlich imposanter wirken, als es in Wahrheit ist. Ein Foto aus der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zeigt stattdessen helle weiße Flächen auf den Flügeltüren. Wie mag die Orgel ursprünglich ausgesehen haben?


Uttumer Orgel in Japan?

Nein, die Uttumer Orgel wird nicht etwa nach Japan verschifft, um dort restauriert zu werden. Auch wenn es dort eine lebendige Orgelkultur gibt.

Sie hat dazu geführt, dass es in der der Kwassui University in Nagasaki einen an die Uttumer Orgel angelehnten Nachbau gibt. Er gibt Studierenden die Möglichkeit, alte Musik an einem historisierenden Instrument zu erarbeiten. Diesen Hinweis verdanken wir dem Organisten Thiemo Janssen an der Ludgeri - Kirche in Norden. Thiemo Janssen hat vor einigen Jahren das Einweihungskonzert der Orgel an der Kwassui University gespielt - "eine sehr gute Orgel", so lässt er uns wissen.

Das Original freilich steht in Uttum. Es ist nach der Renovierung durch Jürgen Ahrend und Gerhard Brunzema 1956/57 in die Jahre gekommen. Im Januar 2020 beginnt seine Restaurierung, neuerlich durch Orgelbauer Ahrend.


Orgelrestaurierung nimmt Fahrt auf

Es war der entscheidende Impuls auf dem Weg zur Sanierung der Uttumer Orgel: Am 8. November 2018 bewilligte der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die Förderung dieser Maßnahme aus Mitteln des Denkmalschutzsonderprogramms VII. Die Höhe der Förderung beträgt rund 90.000 Euro und macht die Hälfte des erforderlichen Gesamtbetrags aus.

Somit war der Weg geebnet, an weiteren Stellen finanzielle Unterstützung zu erbitten. Die Stiftung Orgelklang, die Niedersächsische Sparkassenstiftung in Kooperation mit der Sparkasse Aurich - Norden, die Klosterkammer Hannover und die Gerhard ten Doornkaat - Koolman Stiftung: Sie alle konnten für das Projekt gewonnen werden und tragen gemeinsam etwa zwanzig Prozent der Gesamtsumme. Den ausstehenden Betrag übernehmen gemeinschaftlich die Evangelisch - reformierte Kirche und die Kirchengemeinde Uttum.

Letztere hatte über viele Jahre auf das Projekt hingearbeitet und konnte allerlei Eigenmittel durch Aktionen, Spendenaufrufe usw. erwirtschaften. Nachdem sie es im Jahr 2013 zustande gebrachte hatte, ihr historisches Geläut durch eine neue Glocke zu vervollständigen, ist die Restaurierung der Orgel ihr zweites kostspieliges Projekt in relativ  kurzer Zeit. Und das Dritte steht an: Dringend erforderlich ist die Sanierung des Kirchturms. Die vorausberechneten Kosten dafür sind so schwindelerregend hoch wie es der Turm vor seinem Einsturz im Jahr 1931 war.

 

Die Mitglieder des Bundestages, Ulla Ihnen (FDP) und Johann Saathoff /SPD), haben sich für die Förderung der Restaurierung der Uttumer Orgel aus Bundesmitteln eingesetzt. Der Haushaltsausschuss bewilligte 50% der Gesamtkosten  

 

Der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Krummhörn und heutiges Mitglied des Bundestages Johann Saathoff (SPD) lässt sich von Pastor Hartmut Schaudinn über Art und Umfang der erforderlichen Sanierungsarbeiten an der historischen Orgel in Uttum informieren.